Neuer Bericht zu Tattoofarben online

Es ist ein neuer Bericht zu Tattoofarben online, den wir uns auch direkt zu Gemüte geführt haben. In der Überschrift heißt es: “Tattoo-Farben können gesundheitsschädlich sein“.

Spoilerwarnung: Die Überschrift ist reißerisch, der Bericht bietet jedoch keinerlei neue Erkenntnis und ist extrem lückenhaft. Da wir solche Berichte und die damit einhergehende Negativpresse über das Tätowieren sehr ernst nehmen, gehen wir natürlich gerne auf die einzelnen Punkte ein. 

Nach einem starken Einstieg über die lebenslängliche Entscheidung für ein Tattoo, geht es wenig aussagekräftig weiter.

Bundesinstitut für Risikobewertung mit vagen Zahlen und Vermutungen

Als Einleitung für den weiteren Artikel folgt der Hinweis, dass Tattoofarben schädliche Inhaltsstoffe enthalten können. Darüber, dass in Deutschland schon seit 2009 eine strenge Tätowiermittelverordnung gilt, verliert der Bericht kein Wort. Über das große Beben der europaweit gültigen REACH-Verordnung vor wenigen Jahren, ebenfalls nicht. Zu beiden Punkten jedoch später mehr.

Daraufhin folgt ein Interview mit einer Vertreterin des Bundesinstitutes für Risikobewertung. In diesem Interview weist sie darauf hin, dass bei Tattoos “Nebenwirkungen wie z.B. Infektionen und Fremdkörpergranulome” auftreten können. Je nach Studie sollen davon 1-6 % aller Tätowierten Menschen betroffen sein. Bei genauerer Recherche sind wir auf einen Bericht des GFS der EG gestoßen, der ebenfalls von diesen Zahlen berichtet. Allerdings soll sich nur 1% aller Tätowierten ärztlich beraten lassen. Wie es folglich zur Erhebung dieser Zahlen kommt, bleibt in dem Bericht offen.

Besonders hellhörig wurden wir beim Anhören von folgendem Absatz: “Es gibt auch noch geringere Nebenwirkungen, die vielleicht öfter auftreten können”.

Das Tätowiermagazin hatte sich vor Jahren bereits mit einer ähnlichen Studie befasst und sie telefonisch hinterfragt. Vom Sprecher des zuständigen Institutes wurde lediglich bestätigt, dass die genannte Häufigkeit der unerwünschten Nebenwirkungen nicht tatsächlich erfasst werden könne, da Betroffene nur selten zum Arzt gehen. Den involvierten Fachleuten “erscheinen die Zahlen jedoch realistisch”. Leider ist uns nicht genau bekannt, wie alt der Bericht im Tätowiermagazin war. Da das Tätowiermagazin jedoch bereits vor rund 4 Jahren eingestellt wurde…

Hautbarriere wird durchbrochen, daher ist Hygiene oberstes Gebot

Beim Tätowieren wird die Haut verletzt, das ist richtig. Dass das Risiko von Infektionen besteht, wenn unsauber gearbeitet oder unzureichend gepflegt wird, ebenfalls. Darauf hat auch der interviewte Dermatologe hingewiesen. Ein Hinweis auf die jeweils auf Landesebene geltenden Hygieneverordnungen, die u.a. in Bayern schon seit 1987 gelten und unter anderem für Tattoostudios bindend sind, wäre an dieser Stelle unserer Meinung nach angebracht gewesen.

Alle Jahre wieder: Azo-Pigmente und ihre Spaltung

Als kurze Einleitung für die Azopigmente, weist der Bericht auf die mögliche Spaltung unter UV-Licht und / oder Laser hin. Ausschlaggebend sind in diesem Zusammenhang aromatische Amine, die in den Azopigmenten enthalten sind. Unter den vorgenannten äußeren Einflüssen können selbige theoretisch krebserregend sein. Inwieweit sie jedoch tatsächlich krebserregend sind ist bislang nicht erforscht. Weil es keine Langzeitbeobachtungen dazu gibt.

20 Jahre Forschung und ihre Ergebnisse

Die experimentelle Dermatologie vom Universitätsklinikum in Regensburg, erforscht seit über 20 Jahren inwieweit Tattoos gesundheitsschädlich sein können. Es ist in dieser Zeit bei keiner Studie der Zusammenhang zwischen Tattoos und Krebserkrankungen und / oder Tumorerkrankungen festgestellt worden. Als Begründung hierfür werden “fehlende Langzeitdaten” angegeben. Nach 20 Jahren Forschung.

Dafür bekommen wir ein stark vereinfachtes Statement präsentiert, dass in Tattoofarben Pigmente “für Industriezwecke enthalten sind, die in der Regel stark verunreinigt und nicht für den Einsatz in Tattoofarben geeignet sind”. Den krassen Widerspruch zu den geltenden Bestimmungen für Tattoofarben (Tätowiermittelverordnung und REACH) lässt der Bericht abermals komplett unter den Tisch fallen.

Bunte Lymphknoten ein Zeichen für schädliche Tattoofarben?

Selbstverständlich kommt dieser Bericht auch nicht ohne einen immens kritischen Hinweis auf bunte Lymphknoten aus. An der Stelle machen wir es uns einfach und verweisen auf unseren Bericht von Oktober 2021, in dem wir uns Dr. Tsokos Ausführungen zu dem Thema widmen. Erneuter Spoiler: Aus den bunten Lymphknoten lässt sich, laut Dr. Tsokos, keine Gesundheitsgefahr ableiten. Auch von Krebserkrankungen im Zusammenhang mit Tattoos ist dem Mediziner nichts nachgewiesenes bekannt.

Wieder einmal viel Lärm um nichts

Wir begrüßen tatsächlich sehr, wenn sachlich und fundiert über Tattoos berichtet wird. Das gilt auch für kritische Berichterstattung. Dieser Bericht hat uns jedoch ehrlich gesagt sehr enttäuscht. Es werden Erkenntnisse aufgewärmt, deren Ursprung teilweise über 20 Jahre alt sind. An anderen Stellen werden Vermutungen und Einschätzungen ohne wissenschaftliche Erhebung als Statistiken deklariert. Und die seit vielen Jahren geltenden Verordnungen und Gesetze im Bezug auf die Einhaltung von Hygiene und Sicherheit am Arbeitsplatz werden ebensowenig erwähnt wie die europaweit geltenden Vorschriften bezüglich der Inhaltsstoffe in Tattoofarben.

Fazit: Regelkonform arbeitende Tattoostudios arbeiten immer noch sicher. Mit den sichersten Farben die auf dem Markt sind.