3rd India International Tattoo Convention 2014 (Tattoomesse in Indien / Delhi)

Die Tattoo Messe in Indien, genauer gesagt in Delhi war zwar nicht die am weitesten Entfernte für den Tempel München. Sie war auch nicht die Tattoo Convention mit den meisten oder den besten Tätowierern.

Aber insgesamt gehörte sie zu den spannendsten und aufregendsten Erlebnissen und ist es auch darum Wert, noch einmal aus der Versenkung geholt zu werden.

2,5 wöchige Asien-Reise mit Teilnahme an zwei Tattooconventions

Die Convention in Delhi sollte der Auftakt für eine zweieinhalb wöchige Asien Reise im Jahre 2014 für den Tempel München sein. Die Reiseroute hatte es in sich:

Über Abu Dhabi sollte es zuerst nach Delhi gehen. Anschließend weiter über Bangkok nach Krabi, von dort dann weiter nach Kuala Lumpur und anschließend in den Dschungel nach Borneo. Tattoo Messen waren auf dieser Reise zwei Stück geplant. Zum einen die Messe in Delhi, zum anderen die Tattooconvention im Dschungel von Borneo.

Sieben Personen umfasst die unsere Reisegruppe:  Vier Tätowierer, zwei Tätowiererinnen und den Verfasser dieser Zeilen. Zumindest ab Bangkok, denn dort sollte Annika zu uns stoßen, die es zeitlich leider nicht mit nach Indien schaffte.

Dass von den insgesamt sieben Personen auch im Jahr 2024 noch fünf im Tempel München beschäftigt sind, ist eine weitere schöne Randnotiz für uns.

Flugbuchung: Top – Hotelbuchung: Na ja…

Einiges hat auf bzw. mit dieser Reise sehr gut geklappt. Zum Beispiel die Flugbuchung:

Für die gesamte Reise – immerhin zehn Flüge und rund 20.000 Flugkilometer – waren insgesamt nur rund 700 € pro Person fällig. Das zu diesem Preis zu finden hat aber einiges an Zeit gekostet.

Weniger gut klappte die Hotelbuchung in Delhi. Google Maps war in 2014 noch nicht wirklich gut entwickelt, die indischen Straßennamen für uns oftmals sehr kompliziert. Oder von einem Ziel gab es fünf verschiedene Angaben. So lag unser Hotel nicht direkt neben der Messe wie geplant, sondern rund 15 km entfernt. Das sollten wir aber erst am Messsetag merken…

Die Anreise von München über Abu Dhabi nach Delhi: unspektakulär. Vom Flughafen in Delhi zum Hotel: äußerst abenteuerlich, gelinde ausgedrückt. Zum Glück haben wir in der Dunkelheit nicht wirklich viel vom Verkehr mitbekommen.

Das gebuchte Hotel hatte durchaus gute Bewertungen, in Delhi muss man halt Abstriche machen. Es gab wie angegeben eine Klimaanlage, allerdings nisteten in dieser ein paar Tauben. Fließendes Wasser war eher Glückssache, die Handtücher wären in vielen europäischen Hotels vermutlich nicht einmal mehr als Putzlumpen genommen worden.

Das soll nicht despektierlich klingen, sondern war einfach die Realität. Indien ist einfach eine komplett andere Welt und Delhi hat z.B. mit den Touristenorten in Indien (z.B. Goa)  so gar nichts gemeinsam.

An Müllhalden und Kühen in Delhi vorbei zur Tattoo Convention…

So richtig bewusst wurde uns das am nächsten Tag, als wir uns zur 3rd India Tattooconvention begaben.

Verkehr in Delhi
Tempel München zu Fuß in Delhi

Vorbei an brennenden Müllhaufen und Kühen mitten auf der Straße fuhren wir mit ein paar Tuktuks zum Einkaufszentrum Ansal Plaza in Gurgaon, in dem die Messe stattfand.

Gurgaon (seit 2016: Gurugram) ist eine Satellitenstadt mit “nur” einer knappe Million Einwohner südlich von Delhi. Delhi ist inzwischen auf über 18 Millionen Einwohner angewachsen, einfach nur Chaos. Und irgendwo in diesem Chaos irrten ein paar Tätowierer aus München und suchten die Tattoomesse. Ohne unzählige Telefonate der Tuk-Tuk-Fahrer mit dem Veranstalter würden wir vermutlich heute noch suchen…

Das Ansal Plaza ist ein großes Einkaufszentrum, von dem es mehrere in Indien gibt. Natürlich auch in Delhi und Umgebung, eh klar ;). Die Tattoomesse selber fand im obersten Stockwerk statt, bei freiem Eintritt. Tattoos waren in Indien zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich hoch im Kurs, die Armut ist sehr hoch. Da hätte eine Messe mit Eintritt vermutlich nicht funktioniert.

3rd India Tattoo Convention
3rd India Tattoo Convention

60 Tätowierer aus aller Welt, überwiegend allerdings aus Indien

Rund 60 Tätowierer hatten sich zu dieser Messe eingefunden. Die meisten davon waren aus Indien, aber auch ein italienischer Tätowierer der einige Weltrekord im Guinness-Buch hält  oder Heiko Gantenberg waren vor Ort.

Heiko, auch bekann als „Notch“ ist ein absolutes Original, dass uns einen eigenen Artikel wert ist. Zum damaligen Zeitpunkt war bereits seit Mai unterwegs, sein spektakulärer Plan:

Einmal mit dem Motorrad um die Welt reisen und sich dabei den Lebensunterhalt als Tätowierer zu verdienen. Kleiner Spoiler an dieser Stelle: er hat es geschafft.

Insgesamt war er von Mai 2014 bis November 2016 unterwegs. Die besten Erlebnisse hat er in einem kleinen Film zusammen gefasst, den wir euch demnächst vorstellen werden.

Doch zurück zur Tattoo Convention Delhi: die Tattoo Szene in Indien war zum damaligen Zeitpunkt der deutschen Szene doch noch einige Jahre hinterher. Ein Tattoo war hier noch etwas exotisches. Besonders exotisch waren die Gäste aus München mit der besonders hellen Haut und den besonders bunten Tätowierungen.

Wir kamen uns fast vor wie Filmstars bzw. Star-Tätowierer, denn ständig wollten sich Leute mit uns fotografieren lassen. Oder wir mussten Interviews geben.

Trotz der schlechten Lage für Tattoos in Indien: Wir hatten Arbeit und stachen Tattoos

Wir hatten das Glück, schon im Vorfeld einige Terminbuchungen für Tattoos zu haben. So hatten Tibi und Julia ein indisches Lehrer-Pärchen als Kunden, welches uns sehr viel interessantes über den Alltag in Delhi berichten konnte.

Vieles davon für uns Europäer einfach unvorstellbar.

Passt bitte besonders gut auf eure Tätowiererin auf

Bereits vom Veranstalter wurde uns mehrfach eingeschärft, auf unser einziges weibliches Mitglied der Reisegruppe besonders gut aufzupassen. Konkret bekamen wir die Anweisung, sie bei der Messe nicht einmal alleine aufs Klo zu lassen. Sollte sie vorab ins Hotel fahren wollen, dann am besten mit mindestens zwei Männern als Begleitung. Einer wäre unter Umständen zu wenig.

Das gleiche sagten uns auch unsere Kunden. Die Frau würde sich niemals in Delhi alleine auf die Straße begeben, nach Einbruch der Dunkelheit würde das nicht einmal mehr der Mann alleine machen.

Als wir am Abend nach der Messe noch in eine Disco wollten, riet uns auch das Hotelpersonal dringend davon ab, Julia mitzunehmen.So stürzten sich nur vier unserer Männer ins Nachtleben. Beim Einlass in die Diskothek wurde ihnen der Ausweis abgenommen und nach dem Namen des Hotels gefragt, für den Fall dass etwas passieren würde. Wie beruhigend.

In der Diskothek waren dann ausschließlich Männer, die – mangels Frauen – mit Männern tanzten, wohl Standard in Delhi.

Zu diesem Zeitpunkt waren Vergewaltigungen in Indien auch in westlichen Medien ein großes Thema, so dass wir hier besonders vorsichtig waren.

Doch zurück zur Tattoomesse, die für uns dennoch eine absolut schöne Erfahrung war:

Tattoo-Awards auf der Tattoomesse in Dheli

An den gesamten Tagen schickten unsere Tätowierer jeweils nur ein Tattoo in die Tattoocontests, welche auch jeweils den ersten Platz belegten. Es wäre einfach unfair gewesen mehr Tattoos zu schicken und auf dieser Messe abzuräumen.

Stattdessen besetzten wir danach auf Wunsch des Veranstalters die Plätze in der Jury.

Tempel München India Tattoo Convention
Tibi, Stephan & Julia Tempel als Jury

Das war schon bei dieser Messe kein leichtes Unterfangen, man möchte sich aber gar nicht vorstellen wie schwer dieser  Job bei hochkarätigen Messen wie London, Mailand oder Paris ist, wenn rund 50 Weltklasse Tätowierer ihr jeweils bestes Tattoo ins Rennen schicken.

Wir wurden gefühlte hundert Mal als Ehrengäste vorgestellt und auch nach den Contests kamen viele Tätowierer mit ihren Kunden, um uns ihre besten Werke zu zeigen und sich Tipps zu holen. Oder einfach nur, um sich mit uns fotografieren zu lassen.

An den gesamten Tagen kam uns eine Herzlichkeit und Freundlichkeit entgegen, die einfach nur gigantisch war und rückwirkend auch stärker im Gedächtnis geblieben ist als alle Vorsichtsmaßnahmen und Widrigkeiten.

Tattoo Messe Convention Indien 2014
Tattoo Convention India 2014

Zum Abschluß der dreitägigen Veranstaltung gab es noch eine Aftershowparty, zu der uns der Veranstalter abholen und bringen lies. Hier gab es außer unserer Julia immerhin noch eine weitere Frau, aber auch diese: abgeschirmt.

Wir wurden noch etliche Male gebeten im nächsten Jahr wieder zu kommen, dieses Versprechen konnten wir jedoch leider nicht geben. Delhi liegt halt dann doch nicht so um´s Eck…

Jetzt sollte es erst einmal nach Thailand gehen, quasi Urlaub: erst vier Tage Bangkok und dann weiter nach Krabi, bevor dann die nächste Convention in Borneo / Malaysia anstehen sollte. Später würden wir auf der Reise über unsere eigenen Tattoos, ausgestellt in fremden Tattoostudios stolpern. Doch davon handelt dann der nächste Bericht.