Was man mit Gesichtstattoos aushalten muss – und was nicht
Gesichtstattoos polarisieren. Wer sich ein Motiv, ein Schriftzug, ein Symbol oder ein Muster ins Gesicht tätowieren lässt, entscheidet sich ganz bewusst für ein sichtbares Statement – eines, das nicht versteckt oder übersehen werden kann.
Diese Entscheidung ist in unserer Gesellschaft mit Reaktionen verbunden, die von neugierigen Blicken über vorsichtige Fragen bis hin zu offener Ablehnung reichen. Doch während kritische Reaktionen oder Nachfragen vielleicht erwartbar sind, sollte man mit Beleidigungen nicht zwingend rechnen müssen.
Sichtbarkeit bringt Aufmerksamkeit – und Fragen
Ein Gesichtstattoo ist kein kleiner Schritt. Es ist ein Bruch mit gesellschaftlichen Normen, ein Ausdruck von Individualität, Rebellion oder persönlicher Geschichte. Und weil es so ungewöhnlich ist, fällt es auf – im Alltag, auf der Straße, im Beruf. Sogar im Internet auf Social Media, wo Tattoos inzwischen so besonders sind wie ein Foto von einem Mittagessen.
Menschen schauen hin, manche fragen nach dem „Warum“, andere ziehen leise ihre Schlüsse. Wieder andere fragen sich, was der oder diejenige wohl arbeitet, ob er damit eine Wohnung bekommt oder ob er es später nicht mal bereut. Damit muss rechnen, wer diesen Weg geht.
Aufmerksamkeit gehört bei einem Gesichtstattoo dazu. Ganz oder gar nicht.
Neugier ist nicht automatisch negativ. Fragen können ein Ausdruck von Interesse sein, nicht unbedingt von Ablehnung. Natürlich kann das mühsam sein, wenn man immer wieder dieselben Gespräche führt. Aber wer mit etwas so Sichtbarem durchs Leben geht, muss ein gewisses Maß an öffentlicher Reaktion wohl einkalkulieren.
Beleidigungen sind keine Meinungsfreiheit
Was jedoch niemand aushalten muss, sind Beleidigungen, Spott oder abwertende Kommentare. Aussagen wie „Gesichtstattoos sind nur was für Dumme“, „Wunderhässlich und noch hässlicher mit dem Tattoo“ oder „der dümmste Mensch den ich je gesehen habe“ überschreiten eine Grenze.
All das – und noch vieles, vieles mehr – sind Aussagen, die man unter unserem Video von Fabis Gesichtstattoo von letzter Woche auf unserem Facebook-Kanal findet.
Sie sind nicht mehr Teil eines Diskurses, sondern schlicht respektlos, beleidigend und so ganz nebenbei auch noch strafbar.
Menschen auf ihre äußere Erscheinung zu reduzieren, ist ein gesellschaftliches Problem – ganz unabhängig davon, ob es um Kleidung, Hautfarbe oder eben Tattoos geht. Menschen im Internet zu beleidigen ebenfalls.
Was in Menschen vorgeht, die andere im Internet wegen ihrem äußeren beleidigen, frag vermutlich nicht nur ich mich.
Ein Tattoo im Gesicht zu haben heißt nicht, dass man keine Gefühle hat. Es heißt auch nicht, dass man sich automatisch für alles rechtfertigen muss. Und es heißt vor allem nicht, dass andere das Recht haben, sich beleidigend zu äußern.
Wer ein Gesichtstattoo hat, mag vielleicht mit kontroversen Reaktionen rechnen – aber niemals mit verbaler Gewalt.
Zwischen Mut und Missverständnis
Es braucht Mut, so sichtbar zu sich selbst zu stehen. Für viele Tätowierte ist das Gesichtstattoo Ausdruck von Identität, Geschichte oder einem besonderen Lebensabschnitt.
Das verdient – zumindest – Respekt. Gleichzeitig müssen Menschen, die sich für diesen Weg entscheiden, sich auch bewusst sein: Gesellschaftliche Konventionen ändern sich langsam. Ein Gesichtstattoo wird noch lange für Diskussionen sorgen – auch wenn es längst nichts Neues mehr ist.
Doch egal, wie laut oder provokant ein Tattoo auch wirken mag: Die Grundregel bleibt dieselbe wie bei allem im menschlichen Miteinander. Man darf denken, was man will – aber man muss wissen, wie man es sagt. Und ob man es sagt.
Oder anders gesagt: Wenn man nichts nettes sagen kann, dann ist es vielleicht besser einfach mal sein Maul zu halten.
Respekt ist keine Frage des Designs, sondern des Anstands.