Schwangerschaft & Tattoo: Bauch, Rücken, PDA etc

Schwanger Tattoo PDA Schwangerschaft
PDA wegen Rückentattoo nicht möglich

Tattoo und Schwangerschaft: Bauch, Rücken, PDA & Spinalanästhesie

Wenn es um das Thema „Tattoo und Schwanger“ geht, dann denken die meisten Frauen zuerst einmal an den Bauch. Wie wird sich das (Bauch-)Tattoo in der Schwangerschaft verformen? Wird es evtl. gar reißen? Was stellen Schwangerschaftsstreifen mit einer Tätowierung an?

All diese Fragen haben sicherlich ihre Berechtigung, allerdings gibt es eine Körperpartie, die deutlich interessanter bzw. wichtiger für eine Frau ist die schwanger werden möchte bzw. einen Kinderwunsch hat. Nämlich der Rücken.

Rückentattoo kann PDA bzw. Spinalanästhesie erschweren bzw. sogar verhindern

Konkret geht es um den Bereich beim Rücken, bei dem eine PDA bzw. Spinalanästhesie vorgenommen wird bzw. vorgenommen werden soll. Was genau sind diese Methoden bzw. wann kommen sie bei einer Geburt zum Einsatz? Und warum kann ein Tattoo da stören?

PDA – Periduralanästhesie – und Tätowierung / Tattoo

Eine sog. Periduralanästhesie (kurz: PDA) wird laut diversen Statistiken bei 15-20% der Geburten in Deutschland benötigt.  Ganz vereinfacht gesagt, ist eine PDA eine Betäubung bzw. deutliche Schmerzlinderung. Vielen Frauen ist sie von Geburten her ein Begriff, allerdings kommt sie auch bei anderen chirurgischen Eingriffen zum Einsatz.

Sie kommt vor allem bei „regulären Geburten“ vor. Bei einem (geplanten) Kaiserschnitt wird meistens die Spinalanästhesie angewendet. Zu dieser später im Text mehr.

Wirkungsweise der PDA – und mögliche Komplikation mit einem vorhandenen Tattoo

Es wird zwischen zwei Dornfortsätzen der Wirbelsäule eine Epiduralkanüle in den Rücken eingeführt. Meist ca. 4-5 cm tief bis in den Periduralraum. Dort wird ein Lokalanästhetikum eingespritzt und wirkt nun im Wirbelkanal auf die Nervenstrukturen.

Komplikationen durch PDA durch tätowierte Haut?

Die Befürchtung verschiedener Ärzte ist nun, dass durch die Hohlnadel Pigmente der Tattoofarben in den Liquorraum gelangen könnten. Dort könnten sie für entzündliche Reaktionen sorgen. Diese möchte in diesem Bereich natürlich niemand haben. Eine entsprechende Tiermedizinische Studie konnte sogar entsprechende Reaktionen nachweisen.

Spinalanästhesie und Tattoos

Eine Spinalanästhesie ist einer PDA ähnlich. Allerdings wird hier die Nadel bis in die Rückenmarkshaut (Dura) durchgeschoben. So wird das Anästhetikum direkt bis in die Rückenmarksflüssigkeit gespritzt.

Tattoo PDA Spinalanästhesie
PDA & Spinalanästhesie – oftmals ein Tattoo hinderlich

Jene umgibt das Rückenmark und die Nerven. Diesen Bereich nennt man Spinalraum, daher kommt auch der Name für die Betäubung: Spinalanästhesie. Der betäubte Bereich ist größer, die Schmerzblockade tritt sehr rasch ein.

Komplikationen durch Tattoo bei Spinalanästhesie

Die Befürchtungen sind hier gleicher Natur wie bei der PDA. Dass man in diesem Bereich keine möglichen Entzündungen durch Tattoopigmente riskieren möchte, versteht sich von selbst.

Alternative Möglichkeiten zu PDA oder Spinal: Vollnarkose oder Schnitt durch´s Tattoo

Nun gibt es theoretisch die Möglichkeit, einen kleinen Schnitt durch´s Rückentattoo zu machen und somit die Nadel vorbei an den Pigmenten in den gewünschten Raum zur Betäubung zu führen. Allerdings sind Schnitte immer potentielle Eintrittspforten für Keime und Bakterien. Aus diesem Grund bieten nicht alle Krankenhäuser diese Methode an.

Konkret: Als ich mit meiner Frau in einem Münchner Krankenhaus zur Geburtsanmeldung war, wurde uns mitgeteilt dass wegen der Beckenendlage (BEL) ein Kaiserschnitt notwendig wäre. Wegen der Rückentätowierung wäre ausschließlich eine Vollnarkose möglich. Ein Schnitt durch das Tattoo wurde dort explizit abgelehnt. Unser privates Erlebnis wird aber in einem extra Artikel beschrieben.

Vollnarkose bei Entbindung – das spricht dagegen

Eine Vollnarkose kam für uns aus dreierlei Gründen nicht in Frage.

1. Die Frau bekommt in Vollnarkose logischerweise nichts mit, es fehlt der erste Kontakt zum Baby.

2. Der Partner kann bei einem Kaiserschnitt unter Vollnarkose (im Regelfalle) nicht dabei sein.

3. Theoretisch kann das Narkosemittel über Plazenta zum Baby gelangen. Das möchte niemand.

Außerdem muss der Kaiserschnitt um das zu vermeiden “sehr schnell” erfolgen. Hier kann auf Ästhetik – Stichwort: Tattoos am Bauch – dann keine Rücksicht mehr genommen werden. Aber auch das ist ein anderer Artikel.

Alternative zur Vollnarkose bei Tattoo am Rücken?

Letztlich sind der Schnitt – den aber bei weitem nicht alle Krankenhäuser anbieten – oder die Vollnarkose nahezu die einzige Möglichkeit.

Grundsätzlich können viele Frauen bei einer regulären Geburt auf eine PDA verzichten. Allerdings gelingt dies nicht allen. Für viele ist es eine deutliche Erleichterung.

Sollte aus irgendwelchen Gründen ein (Not-)Kaiserschnitt erforderlich sein, bleibt dann (fast) nur noch die Vollnarkose.

Wie lässt sich das vermeiden?

Der entsprechende Bereich im Rücken ist nicht sonderlich groß. Idealerweise lässt man ihn bei der Planung für eine Tätowierung einfach frei. Also man plant das Tattoo so, dass an der (möglichen) später benötigten Einstichstelle nur Haut ist.  Allerdings ist es hier ratsam, den entsprechenden Bereich zuvor von einem Arzt markieren zu lassen.

Theoretisch kann kann man ihn – sollte dort jetzt schon eine Tätowierung sein – auch mittels Tattoolaser wieder von den Pigmenten befreien.

Allerdings müsste das bereits deutlich vor einer geplanten Schwangerschaft erfolgen, weil eine Entfernung nicht von heute auf morgen geht und bei Schwangeren sind Tattooentfernungen ohnehin verboten.

Letztlich ist es wie so oft wenn es um Tattoos geht: Mit guter Planung lassen sich solche Probleme verhindern. Der Knackpunkt hierbei ist allerdings, dass dieses Problem nahezu unbekannt ist.

Bei vielen Tätowierern ist diese Problematik nicht bekannt

Wenn man die große Suchmaschine Google bemüht, findet man dieses Thema vor allem in einigen Foren für werdende Mütter. Dazu ein paar Zeitungsartikel zur Problematik, zum Teil mit Interviews mit Tätowierern, die wenig Verständnis für die Problematik haben.

Was Tattooseiten betrifft, so findet man auf den ersten Seiten der Google-Treffer einen Beitrag von einer Tattoo-Versicherung aus dem Jahr 2015, sowie eine (wenig hilfreiche) Diskussion auf Tattooscout aus dem Jahre 2006. Dies wohlgemerkt, wenn man schon konkret nach „PDA Tattoo“ googlet.

Wer „schwanger tattoo“ oder ähnliches eingibt, findet nahezu ausschließlich Themen die sich mit einem Tattoo während der Schwangerschaft beschäftigen. Dass dies ein No-Go ist, versteht sich von selbst, ist hier aber wenig hilfreich.

Als Fazit bleibt: entsprechende Planung – und Aufklärung dem Kunden gegenüber

Für Tätowierer: Bei Rückentattoos die Kundschaft auf diese Problematik hinweisen.

Für Kunden: Sollte der Tätowierer von sich aus nicht darauf hinweisen, dann ihn darum bitten das Tattoo entsprechend zu planen, ggf. unter Zuhilfenahme eines Anästhesisten.

Das mag zwar lästig erscheinen, oder man hält

a) einen Kinderwunsch für unrealistisch, oder

b) glaubt nicht dass man einen Kaiserschnitt benötigt.

Der Verfasser dieses Artikel hätte ebenso wie seine bessere Hälfte einen Kinderwunsch viele Jahre kategorisch verneint und die Problematik hat ihm bzw. ihnen einige schlaflose Nächte und extra Termine in Krankenhäusern beschert.

Letztlich hatten wir nur Glück, dass wir unter dem Einsatz von einer sehr lieben Freundin in “ihrem” Krankenhaus einen Arzt gefunden haben, der bereit war den Schnitt durch das Tattoo zu setzen. Das ganze als absolute Ausnahme. Ansonsten wäre für uns nur die Vollnarkose geblieben.

Dies würden wir anderen Frauen / Paaren sehr gerne ersparen.

Schwanger ein Tattoo stechen lassen?

Ein ganz anderes Thema, aber auch oft gefragt ist “Kann man sich in der Schwangerschaft ein Tattoo stechen lassen?”. Unsere Ausführliche Antwort darauf steht in dem folgenden Artikel:

Schwanger ein Tattoo stechen lassen?